Da ich noch keine eigene Streuobstwiese pflege, müssen wir unsere Äpfel auch aus anderen Quellen beziehen. Aber auf selbstgezogene Äpfel müssen wir nicht verzichten! Auf unserem Balkon hält sich ein kleines Säulenapfelbäumchen ganz wacker, an dem die diesjährige „Apfelschwemme“ auch nicht vorbeigegangen ist. Nein, es hat uns gleich mit vier Früchten belohnt – und damit die im Vorjahr gereifte Menge an kleinen, aber saftigen Äpfeln glatt vervierfacht. Und wie schön pink das Fruchtfleisch aussieht!


Da mir diese Äpfel dementsprechend die wichtigsten sind, wollte ich auch ein besonderes Rezept mit ihnen ausprobieren und bin im handgeschriebenen Kochbuch von Käthe Kälbling auf einen süßen Auflauf gestoßen, von dem ich noch nie gehört hatte: Apfelkunzen. Das klingt nach geheimnisumwitterter, in Vergessenheit geratener Tradition. Nach einer lokalen Spezialität. Kurz: nach etwas, dass ich unbedingt ausprobieren wollte. Erst recht, nachdem ich dem Rezept entnehmen konnte, dass als Zutat altbackene Brötchen verwendet werden, und ich immer auf der Suche nach guten Gerichten zur Resteverwertung bin. Also endlich eine Alternative zu Armen Rittern/French Toast (oder „Roschtigen Rittern“, wie Jonas sagen würde)!
Ich hatte noch zwei Kaiserbrötchen und ein Baguettebrötchen übrig und habe mit vier zusätzlichen Äpfeln aus dem Supermarkt aufgefüllt.


Bevor ich mich ans Backen gemacht habe, musste ich aber doch meiner Neugier stattgeben und ein wenig recherchieren, was es mit den Apfelkunzen auf sich hat. Schnell bin ich darauf gestoßen, dass dieses Apfel-Brötchen-Rezept wahrscheinlich nie sehr verbreitet gewesen ist und offenbar vor allem in den Schulkantinen der DDR überdauert hat. Und dann habe ich ein Rezept gefunden, von dem die Schreiberin meines kleinen Privat-Kochbuch-Schatzes wohl abgeschrieben hat: Es stammt aus dem Buch „Maria Werner. Mutterlose Jungfrau in ihrem Leben und ihrer Haushaltung. Ein unterhaltendes und wirthschaftliches Bildungsbuch für Frauen und Töchter“ von 1851, verfasst von Charlotte Späth, der Schwester des Schriftstellers Eduard Mörike. Damit lässt sich der vermutete Ursprung des Gerichts immerhin weiter aufs Schwabenländle eingrenzen. Und ich bin auf einen neuen Schatz gestoßen: Die Koch- und Backrezepte der mutterlosen Jungfrau.
Wenn jemand von euch Apfelkunzen und die Geschichte dahinter kennt, freue ich mich über mehr Informationen!


Apfelkunzen
- 3 trockene Brötchen
- bis zu 500 ml Milch
- 150 g Butter (plus etwas Butter zum Einfetten), Zimmertemperatur
- 150 g Zucker
- 9 Eier, Größe M
- Prise Salz
- 500 g Äpfel (oder nach Belieben mehr)
- Zucker & Zimt zum Bestreuen
- große Auflaufform
Vorbereitungszeit: ca. 20 Min. / Backzeit: ca. 45 Min.
Die Brötchen schon einige Zeit vorher in Milch einweichen. Dies geht am schnellsten, wenn die Milch erwärmt ist und die Brötchen beschwert werden.
Ofen auf 180 °C (Ober-/Unterhitze) vorheizen.
Die zimmerwarme Butter schaumig rühren, im Anschluss den Zucker und nach und nach die Eier hinzugeben. Außerdem – abweichend vom Originalrezept – eine Prise Salz hinzufügen.
Die eingeweichten Brötchen ausdrücken, in kleine Stücke schneiden (oder reißen). Die Äpfel in dünne Scheiben schneiden. Butter-Ei-Masse noch einmal aufschlagen. Äpfel und Brötchen zur Masse hinzufügen und unterheben.
Eine Auflaufform (oder ein tiefes Backblech) einfetten, die Masse hineingeben und bei 180 °C für ca. 30 Minuten goldbraun backen. Da doch jeder Ofen in unseren Küchen ein bisschen unterschiedlich funktioniert, Kunzen am besten schon ein paar Minuten vor Ende der Backzeit einer visuellen Probe unterziehen.
Zum Servieren den noch warmen Kunzen mit Zucker und Zimt bestreuen.
Wohl bekomms!


Transkription des Rezepts von Käthe Kälbling:
Apfelkunzen: 150 gr Butter schaumig rühren, nach & nach 9 Eier daran, 2-3 eingeweichte Wecken fest ausgedrückt, eine kleine Schüssel in dünne Scheibchen geschnittene Äpfel, giebt soviel Zucker daran, daß der Teig recht süß ist, giebt das ganze in ein gut geschmiertes Blech & backt es.
Transkription des Rezepts von Maria Werner:
Apfelkunzen: 8-10 Loth Butter werden leicht gerührt, dann nach und nach 9 Eier daran geschlagen. 2-3 eingeweichte Wecken drückt man fest aus und mischt sie nebst einer kleinen Schüssel voll geschälter und zu kleinen und dünnen Scheibchen geschnittener Aepfel mit der Butter. Hierauf thut man Zucker an den Teig, bis er süß ist, bestreicht ein Aufzugblech stark mit Butter, füllt die Masse ein und zieht sie auf. Ehe der Kunzen zu Tisch kommt, bestreut man ihn recht stark mit Zucker und Zimmt.

